New York Times berichtet über Verbindung zwischen ISIS und CIA,
und das Weiße Haus spricht positiv über Russland
F. William Engdahl
So düster die offiziellen Nachrichten aus Washington in den vergangenen Wochen auch erscheinen, es gibt Anzeichen für eine Veränderung innerhalb konkurrierender Fraktionen der außenpolitischen Elite der USA. Fast das gesamte Jahr hindurch, angefangen mit dem vom State Department finanzierten Putsch in der Ukraine, hatte die Fraktion der neokonservativen Kriegsfalken eindeutig die Oberhand.
Ein offensichtlich desorientierter Präsident Obama begann, dem Drehbuch der Falken zu folgen und alles, was Putin und Russland unternahmen, als böse darzustellen und das Neonazi-Mafia-Poroschenko-Regime in Kiew beinahe mit einem Heiligenschein zu versehen. Das Gleiche galt für die Lage in Irak und Syrien, wo Obama angewiesen wurde, der Bitte des damaligen irakischen Ministerpräsidenten, des Schiiten al-Maliki, um militärische Unterstützung im Kampf gegen die wachsende Bedrohung durch den sogenannten Islamischen Staat im Irak und Syrien (auf Arabisch Daash) nicht nachzukommen.
Angesichts der allgemeinen Globalisierung lässt sich die Organisation mittlerweile lieber nur Islamischer Staat nennen, weil ein »globales« Kalifat angestrebt wird. Jetzt gibt es offenbar eine größere Veränderung; sie ist zwar erst in Umrissen erkennbar, sollte aber in den nächsten Wochen als Hinweis auf einen Rückzug der kriegslustigen Neokonservativen im Auge behalten werden. In einem Artikel des altgedienten Reporters David Kirkpatrick brachte die New York Times erstmals die im Nahen Osten bekannte Idee in Umlauf, die radikal-dschihadistische Daash oder IS sei ein Geschöpf der CIA. Die Zeitung schrieb:
»›Wir wissen, wer Daash gemacht hat‹, sagte Bahaa al-Araji, ein stellvertretender Ministerpräsident, unter Verwendung der arabischen Kurzbezeichnung für den Islamischen Staat. Er sprach am Samstag bei einer Demonstration, die der schiitische Geistliche Moktada al-Sadr einberufen hatte, um vor dem möglichen Einsatz amerikanischer Bodentruppen zu warnen. Während einer Rede in der vergangenen Woche beschuldigte Sadr die CIA öffentlich, den Islamischen Staat geschaffen zu haben; Interviews erweckten den Eindruck, dass die meisten unter den Teilnehmern der Demonstration – einige Tausend, darunter auch Abgeordnete des Parlaments – derselben Theorie anhingen.«
Diese Story wäre an und für sich kaum bemerkenswert, gäbe es nicht gleichzeitig andere deutliche Hinweise auf eine Veränderung der Politik von Obamas Weißem Haus, weg von der Neocon-Fraktion um Victoria Nuland vom State Department, die Nationale Sicherheitsberaterin – Susan Rice, UN-Botschafterin Samantha Power und CIA-Chef John Brennan.
Ein zweiter Times-Artikel verweist direkt auf den neokonservativen Kriegstreiber, der sowohl in der Ukraine als auch in Syrien eine maßgebliche unterstützende Rolle spielte – den republikanischen Senator John McCain. Auch wenn der Times-Artikel den Vorwurf scheinbar zurückweist, so verleiht er ihm doch Glaubwürdigkeit, indem er ihn aus obskuren Internet-Blogs in die Mainstream-Medien verlagert. In der Times heißt es:
»Es war ärgerlich für MacCain, gegen hartnäckige – und falsche – im Internet kursierende Gerüchte angehen zu müssen, er habe nicht nur geholfen, die Gruppe ins Leben zu rufen, sondern kenne auch den Anführer, Abu Bakr al-Baghdadi, den selbsternannten Kalifen der muslimischen Welt und in jüngster Zeit Amerikas Feind Nummer Eins. Die Gerüchte beruhen hauptsächlich auf Bildern eines syrischen Kämpfers, der Baghdadi ähnlich sieht, und auf Fotos zusammen mit McCain bei dessen Syrien-Besuch im Mai 2013 zu sehen war – einige davon wurden sogar ursprünglich vom Senator selbst auf Twitter gepostet.«
Als dann der ukrainische Präsident, der Oligarch Ihor Poroschenko von einer Gruppe neokonservativer Kongressabgeordneter eingeladen wurde, vor einer gemeinsamen Sitzung von Repräsentantenhaus und Senat zu sprechen, las er eine Rede vor, die Gerüchten zufolge von Washingtoner Neokonservativen verfasst wurde.
Er verteufelte Putin und bat um weitere militärische Unterstützung; doch nach seinem Treffen mit Präsident Obama fuhr er mit leeren Händen zurück nach Kiew. Obama lehnte es ab, signifikante militärische Hilfe in Erwägung zu ziehen.
Einen weiteren Hinweis auf eine deutliche Veränderung im Weißen Haus gab Sprecher Josh Earnest, der bei einer Pressekonferenz einige bemerkenswert freundliche Gesten an Moskau richtete. Er erklärte, die Obama-Regierung könnte trotz unterschiedlicher Ansichten in der Ukraine-Krise über internationale Probleme reden:
»Wir zeigen in unseren Beziehungen mit Russland, dass es für uns möglich ist, heftige Kritik an Moskaus Verhalten in bestimmten Teilen der Welt zu äußern, aber trotzdem Kooperation und Zusammenarbeit mit Russland in anderen Teilen der Welt fortzuführen. Ich denke, es ist eine Gelegenheit für uns, trotz unserer unterschiedlichen Positionen in der Ukraine Kooperation, Koordination zwischen den Vereinigten Staaten und Russland zu demonstrieren.«
Er antwortete damit auf eine Frage, ob Washington mit Russland zusammenarbeiten könne, um in Irak und Syrien gegen IS vorzugehen. In beiden Ländern hatte und hat Russland sehr viel Einfluss.
Fundierten Berichten zufolge nutzt die Obama-Regierung die Vermittlung Russlands und inoffizielle Kanäle zur Assad-Regierung in Damaskus, um die derzeitigen Luftangriffe in strikt vereinbarten Zielgebieten im syrischen Luftraum zu koordinieren. Anders als Libyen verfügt Syrien über extrem effektive Luftabwehrsysteme; die Luftangriffe der USA, ohne dass die syrische Luftwaffe reagiert, sind nur möglich, wenn die Assad-Regierung de facto zustimmt.
Putins geheime Vermittlung ermöglicht es Obama erneut, das Gesicht zu wahren, wie schon einmal im August 2013, als sie ihm den Rückzug von der Kriegstreiberei der Neokonservativen erlaubte, die damals Syrien aufgrund der Anschuldigung bombardieren wollten, es seien chemische Waffen gegen das eigene Volk eingesetzt worden.
In den nächsten Tagen wird sich zeigen, wie weitgehend diese Veränderung ist. Dass die EU bereits über eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland diskutiert, lässt darauf schließen, dass Washington auch dort den Druck merklich verringert hat. Wir leben in einer faszinierenden, wenn auch manchmal chaotischen Welt …
Terrorgefahr: 120 #IS-Anhänger sind nach Deutschland zurückgekehrt http://bit.ly/1n1tmNj