Sind cholesterinsenkende Lebensmittel gefährlich?
Doch was bedeutet das? Nicht viel, wenn man Professor Stehle fragt. "Tatsächlich lässt sich durch den Konsum solcher Produkte eine gewisse Senkung des Cholesterinspiegels belegen." Dieser Zusammenhang sei anerkannt, betont er. Nur: "Das heißt nicht, dass damit auch das Herzinfarktrisiko sinkt." Denn statt Cholesterin nehme der Körper eben mehr Phytosterin auf. Was das langfristig für den Körper bedeute, sei kaum erforscht. Eines der wenigen Forscherteams, die sich mit diesem Thema bislang beschäftigt haben, sitzt am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg an der Saar.
Vielleicht, sagt Professor Ulrich Laufs, der die Untersuchung leitete, habe die geringe Fallzahl kritischer Forschungsprojekte ja auch damit zu tun, dass man solche Ergebnisse nur schwer veröffentlichen könne. "Die wissenschaftlichen Magazine, in denen Fachartikel über Ernährung veröffentlicht werden, sind natürlich auch von den Lebensmittelherstellern als wichtige Werbekunden abhängig." Und bei wissenschaftlichen Kongressen träten die Nahrungsmittelkonzerne häufig als Mitveranstalter auf.
Die Homburger Studie wurde 2008 veröffentlicht. Das Ergebnis dürfte Unilever, Danone und Co. nicht gefallen haben. Laufs und seine Arbeitsgruppe hatten Labormäusen Futter gegeben, das mit Phytosterinen angereichert war. "Dabei haben wir festgestellt, dass sich bei diesen Tieren die Pflanzensterine in den Geweben ablagerten", sagt der Mediziner. Im Vergleich mit einer Kontrollgruppe, die ein cholesterinsenkendes Medikament gefüttert bekam, wiesen die Mäuse, die Functional Food verspeist hatten, anschließend noch doppelt so viel Gefäßverkalkung auf.
Danone: Ergebnisse vom Tierversuch kaum übertragbar
"Kein Mensch weiß, was mit den Gefäßen passiert, wenn Menschen mit Risikofaktoren über eine lange Zeit hinweg größere Mengen einnehmen." Laufs sagt, eine spürbare Senkung des Cholesterins trete überhaupt erst beim Konsum hoher Dosen an Phytosterinen ein. "Es gibt also keine Hinweise auf eine deutliche Wirksamkeit solcher funktioneller Lebensmittel, dafür aber Hinweise auf eine möglicherweise nachteilige gesundheitliche Wirkung."
Danone-Forscherin Nicolle weist darauf hin, dass es schwierig sei, Ergebnisse von Untersuchungen an Tieren auf Menschen zu übertragen. Da hier keine klare Einigkeit herrsche, arbeite das Unternehmen derzeit zusammen mit externen Forschungseinrichtungen daran, zusätzliche wissenschaftliche Belege für diese Fragen zu liefern. Die Pressestelle gibt auch noch die Empfehlung, sich die Gegenmeinung eines anderen Wissenschaftlers anzuhören, und zwar die von Professor Eberhard Windler vom Uniklinikum Hamburg-Eppendorf.
Der Forscher hat in den 90er-Jahren die Ernährungsweise weiblicher Patienten mit koronaren Herzkrankheiten statistisch erfasst. Dabei kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass ein hoher Fleischverzehr das Erkrankungsrisiko erhöhe, während ein hoher Verzehr von Obst und Gemüse das Risiko senke. Aus den Angaben errechneten sie auch, dass Menschen mit koronaren Herzkrankheiten meist vergleichsweise niedrige Phytosterinspiegel aufweisen. Einen Beleg für die Unbedenklichkeit der mit Phytosterinen künstlich versetzten Lebensmittel liefern diese Forschungsergebnisse allerdings nicht.
Behörde warnt vor Lebensmittel mit Pflanzensterinen....