Wie sich die werdende Mutter ernährt, wirkt sich auf die spätere Gesundheit ihres Kindes aus. Nun wurde erstmals gezeigt: Hierbei spielt auch Vitamin A eine wichtige Rolle. Leidet die Schwangere zum falschen Zeitpunkt an einem Mangel, kann das die Lunge des Nachwuchses in Mitleidenschaft ziehen. Schuld ist ein Zuviel an Muskulatur.
„Wir haben uns schon lange gefragt, warum manche Menschen anfälliger für die Entwicklung von Asthma sind, als andere“, erklärt Dr. Wellington Cardoso von der Columbia University. Die Wissenschaftler näherten sich dieser Frage aus einem neuen Blickwinkel. Sie untersuchten Mäuse als Modellorganismen, weil sie hier ganz genau kontrollieren konnten, wann und wieviel Vitamin A die Tiere zu sich nahmen. „Wir legten den Vitamin-A-Mangel ungefähr auf die Mitte der Tragezeit, weil sich in diesem Zeitraum die Luftwege im Fötus ausbilden“, so Cardoso. Anschließend wurde die Versorgung mit ausreichend Vitamin A bis hin zum Erwachsenenalter wieder sichergestellt.
Überempfindliche Bronchien
Der Mangel im Mutterleib hinterließ deutliche Spuren: Zwar erschienen die Nager äußerlich ganz gewöhnlich. „Aber Atemfunktionstests machten klar, dass ihre Lungen alles andere als normal waren“, so der Studienleiter. Die Forscher führten einen Provokationstest mit Methacholin durch – ein Medikament, das die Atemwege kurzfristig verengt. Damit wird analysiert, ob das Bronchialsystem überempfindlich reagiert, etwa mit Husten oder Atemnot. Auch hier zeigten die Tiere, die einen Vitamin-A-Mangel als Fötus erlitten hatten, wesentlich stärkere Reaktionen als Vergleichstiere.
Glatte Muskulatur wuchert ohne Vitamin A
Zusätzliche Experimente konnten auch den Mechanismus klären, der hinter der fatalen Wirkung von zu wenig Vitamin A in der Schwangerschaft steckt. Wenn sich die Lunge ausbildet, wachsen aus den Bronchien immer neue Verzweigungen der Atemwege. Diese Verzweigungen werden von glatter Muskulatur umgeben. Damit nicht zu viel davon gebildet und womöglich die spätere Atmung behindert wird, hält ein spezifischer Botenstoff zeitweise das Wachstum der glatten Muskulatur an. Bei dieser Signalsubstanz handelt es sich um ein Stoffwechselprodukt von Vitamin A - Retinsäuren. Und tatsächlich: die Tiere, die einen Vitamin-A-Mangel im Mutterleib erfahren hatten, besaßen abnormal viel glatte Muskulatur in den Atemwegen. Diese Veränderungen zeigt sich zum Beispiel auch bei Asthmapatienten.
Anfällig für Störungen
Ihr Ergebnis unterstreiche die Notwendigkeit für eine ausreichende Versorgung mit Vitamin A während der Schwangerschaft. Zwar sei das in westlichen Ländern nicht unbedingt ein Problem, so die Wissenschaftler, es sei aber möglich, dass es Faktoren gäbe, die verhindern, dass die Föten das Vitamin A ausreichend nutzen können. „Der Körper hat ein sehr komplexes System um Vitamin A zu verwerten. Und das ist sehr empfindlich gegenüber Störungen von außen, zum Beispiel in Form von Zigarettenrauch oder Alkohol“, erklärt Cardoso. Deswegen sei noch weitergehende Forschung nötig, um vor allem die Wirkung dieser Umweltfaktoren auf das ungeborene Leben besser verstehen zu können.
Vorkommen in tierischen Lebensmitteln
Vitamin A ist ein fettlösliches Vitamin. Unter anderem spielt es im menschlichen Körper eine wichtige Rolle beim Sehen im Dämmerlicht, als Schutzfaktor für die Haut oder bei der Regulation des Knochenwachstums. Vitamin A kommt vor allem in tierischen Lebensmitteln, vor allem Leber, vor. Es ist in Vorstufen (Carotinoide) auch in Pflanzen, zum Beispiel Karotten, enthalten. (lh)
Quelle: F. Chen et al. Prenatal retinoid deficiency leads to airway hyperresponsiveness in adult mice. J Clin Invest. 2014;124(2):801–811. doi:10.1172/JCI70291.